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Small Modular Reactors: Vielfältige Entwicklungen mit neuer Dynamik

Small Modular Reactors: Vielfältige Entwicklungen mit neuer Dynamik

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Einleitung

Während zurzeit die leistungsstarken Leichtwasserreaktoren der dritten Generation in Bau und in Betrieb stehen, wächst das Interesse an kleinen, modularen Reaktoren (SMRs). Sie zeichnen sich durch passive Sicherheit, erhöhte Flexibilität, fabrikbasierte Serienfertigung sowie einen tieferen Wartungsbedarf aus. SMRs haben in den letzten Jahren auf dem Weg zur Kommerzialisierung beachtliche Fortschritte erzielt.

Mit klimafreundlichen Stromerzeugungsmethoden sollen bis 2050 zuerst Netto-Null erreicht und auch danach gehalten werden. Dies, vor dem Hintergrund einer steigenden Weltbevölkerung und eines zunehmenden Strombedarfs durch die Elektrifizierung von Mobilität, Wärme und Industrie. Alle klimafreundlichen Stromerzeugungsmethoden müssen ihren Beitrag leisten, damit dies gelingt, was die Kernenergie und SMRs einschliesst.
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Wenig beachtet von der Öffentlichkeit stehen Dutzende von SMRs seit Jahrzehnten im Alltagseinsatz und haben dort ihre Zuverlässigkeit und Robustheit bewiesen – vornehmlich als Schiffsantriebe im militärischen Bereich und in Eisbrechern. Aber nicht nur: Erste SMR-Demonstrationsanlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung stehen bereits in Betrieb und weitere sind in Bau.

YouTube-Video zur SMR-Herstellung für einen nuklearen Eisbrecher
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Gemäss Internationaler Atomenergie-Organisation (IAEO) gelten Reaktorsysteme als «klein», wenn ihre elektrische Leistung geringer ist als 300 Megawatt. Zum Vergleich: Ein Block des Kernkraftwerks Beznau leistet 365 Megawatt und Leibstadt, das grösste Kernkraftwerk der Schweiz, hat eine Leistung von 1220 Megawatt.

SMRs lassen sich zur Stromerzeugung im Netz (on-grid) oder abseits des Netzes (off-grid) sowie – bei einer unzuverlässigen Stromversorgung mit dem vorhandenen Netz – als Unterstützung (edge-of-grid) einsetzen. Es gibt SMR-Auslegungen, die nicht nur Strom, sondern auch Wärme liefern können.

Mikroreaktoren haben eine elektrische Leistung bis zu 10 Megawatt. Diese meist mobilen Anlagen können zum Beispiel Dieselgeneratoren in netzunabhängigen Bergbaubetrieben ersetzen.
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Die derzeit entwickelten kleinen Reaktoren umfassen eine Vielzahl unterschiedlichster Systeme, die mit dem Sammelbegriff SMRs bezeichnet werden. Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
  • wassergekühlte kleine, modulare Reaktoren der dritten Generation, die eine ähnliche Technik nutzen, wie die in Betrieb stehenden grossen Leistungsreaktoren, jedoch in kleinerem Massstab. Die Entwicklung und Vorbereitungen zur Markteinführung sind bei diesen Druck- oder Siedewasser-SMRs am weitesten fortgeschritten. Die ersten von ihnen werden voraussichtlich Ende der 2020er-Jahre den kommerziellen Betrieb aufnehmen.

  • fortgeschrittene, modulare Reaktoren der vierten Generation, die neuartige Kühlsysteme und/oder Brennstoffe verwenden. Die innovativen Reaktorkonzepte sind teilweise schon seit Jahren bekannt. Die fortgeschrittenen SMRs können Strom, Wärme und Wasserstoff liefern und sollen Vorteile hinsichtlich Brennstoffkreislauf (weniger Abfälle) bieten. Einige erfordern noch Forschung, neue Materialien oder neue Arten von Brennstoffen. Ihre Markteinführung könnte in den 2040er-Jahren erfolgen.
Im Multimedia-Dossier hier geht es mehrheitlich um SMRs der dritten Generation.
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Die grossen Fortschritte, welche die SMRs in den letzten Jahren erzielt haben, zeigt die Nuclear Energy Agency (NEA) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrer Publikation «The NEA Small Modular Reactor Dashboard» auf (Teil 1, Teil 2). Gemäss NEA werden der Bedarf an Innovationen und deren Tempo durch die Notwendigkeit beschleunigt, die Kohlenstoffemissionen zu reduzieren, genügend Strom für alle Menschen zur Verfügung zu stellen und eine sichere und zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten.

Derzeit stehen über 80 SMR-Technologien weltweit in Entwicklung – Mikroreaktoren eingeschlossen. Einige sind bereits in Bau oder in Betrieb. Die Karte zeigt eine Auswahl an SMR. Bitte fahren Sie mit der Maus über ein Land um den entsprechenden SMR/Mikroreaktor zu sehen oder fahren Sie über die Legende, um das zugehörige Land zu sehen.

Die NEA sieht grosses Potential für verschiedene SMR-Auslegungen und Einsatzgebiete. Es ist davon auszugehen, dass es von den über 80 SMR-Technologien einige erfolgreich auf den Markt schaffen werden und einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten können. Wie bei anderen Technologien auch, werden es nicht alle Auslegungen auf den Markt schaffen und wird es Projekte geben, die nicht umgesetzt werden können.

Eine ausführlichere Karte gibt es im SMR-Booklet 2022 der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO).
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SMRs bieten viele Vorteile gegenüber grossen Leistungsreaktoren und anderen Arten der Strom- und Energieerzeugung:
  • In der Regel erfüllen sie höchste Sicherheitsstandards. Die meisten SMRs verfügen über ein hohes Mass an sogenannter passiver bzw. physikalisch inhärenter Sicherheit. Das bedeutet, dass bei Störfällen kein aktiver Eingriff von Pumpen und Ventilen nötig ist und die Sicherheit der Anlage auch ohne Energiezufuhr oder Eingriffe der Bedienungsmannschaft gewährleistet bleibt. Somit besitzen SMRs auch eine vereinfachte Auslegung, was Kosten spart.


  • SMRs benötigen wenig Wartung und können ohne Nachladung während Jahren oder gar Jahrzehnten Wärme und Strom liefern – zuverlässig und planbar zu jeder Tages- und Jahreszeit sowie klimafreundlich und ressourcenschonend. Bedingt durch die hohe Energiedichte des Brennstoffs (z.B. Uranoxid) ist der Platzbedarf eines SMR-Kraftwerks sehr gering und können so auch die Natur und Umwelt geschont werden. Dass die Kernenergie über den gesamten Lebenszyklus hinweg sehr ressourcenschonend und umweltfreundlich ist, belegt eine Studie der United Nations Economic Commission for Europe aus dem Jahr 2021.
YouTube-Video der IAEO zur Sicherheit von SMRs
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  • Wegen ihrer geringen Grösse und der kleineren Menge an Kernbrennstoff können SMRs unterirdisch gebaut oder auch in unmittelbarer Nachbarschaft von Verbrauchern betrieben werden. Das können Siedlungen sein oder Grossindustrien mit hohem Wärme- und Strombedarf. SMRs lassen sich auch in sonst nur schwer mit Elektrizität zu dekarbonisierenden Industriebereichen einsetzen. Sie eignen sich für Regionen mit wenig ausgebautem Stromnetz, als Energiequelle für Anlagen zur Entsalzung von Meerwasser und zur Herstellung von Trinkwasser sowie zur Stromversorgung von Inseln. Auch Wasserstoff, E-Fuels und Düngemittel lassen sich mit Hilfe von SMRs herstellen. Im Bild der unterirdisch angeordnete Micro Modular Reactor (MMR) der Ultra Safe Nuclear Corporation (USNC).

  • SMRs erfordern im Vergleich zu grossen und leistungsstärkeren Kernkraftwerken einen geringeren Kapitaleinsatz, was die Finanzierung erleichtert und Flexibilität gibt. Je nach Bedarf können viele SMRs schrittweise Modul um Modul nach dem Baukastensystem zu grösseren Produktionsanlagen erweitert werden.
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  • Grosse Reaktorsysteme müssen von Grund auf vor Ort zusammengebaut werden. Bei SMRs hingegen können einzelne Module oder gleich der ganze SMR in Serienfertigung in einer Fabrik hergestellt, danach per Lastwagen, Bahn oder Schiff an den Einsatzort gebracht, dort zusammengesetzt und nach Ende der Betriebszeit wieder zurückgebracht werden.

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Was SMRs alles leisten können und welchen Nutzen und welche Vorzüge sie haben, erklärt die Nuklearexpertin Natalia Amosova in unserem Podcast NucTalk. Im Gespräch gibt sie auch ihre Einschätzung ab, welche SMR-Typen in welchen Ländern als erstes gebaut werden und geht auf die Rahmenbedingungen ein, die es dafür braucht.

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Fakten zu SMR

Das Interesse von Investoren an SMRs ist in den letzten Jahren gestiegen. Erste Auslegungen sind bereits auf dem Markt verfügbar. Weitere werden gemäss Dashboard der NEA in den nächsten 5 bis 10 Jahren folgen, das Rennen läuft. Vor allem in Argentinien, China, Frankreich, Grossbritannien, Kanada, Russland und den USA wird ihre Entwicklung vorangetrieben.   
Das weltweit erste schwimmende Kernkraftwerk, die Akademik Lomonosow, ist in Sibirien zur Strom- und Fernwärmeproduktion im Einsatz. Ein noch leistungsstärkeres Kernkraftwerksschiff ist in Bau. Die verwendeten kleinen Reaktoren haben sich bereits bei Eisbrechern bewährt. In Westsibirien wird zudem der weltweit erste bleigekühlte Schnelle Reaktor BREST-OD-300 gebaut.

Im Osten Chinas steht mit HTR-PM eine Demonstrationsanlage mit zwei Hochtemperatur-Kugelhaufenreaktoren seit Ende 2021 in Betrieb. Seit Juli 2021 läuft im Süden Chinas der Bau des 125-MWe-Druckwasser-SMRs Linglong One (ACP100). In Argentinien steht mit Carem-25 der Prototyp eines kleinen Druckwasserreaktors in Bau. 

Die SMR-Entwickler und -Hersteller wollen ihre Lösungen auch in andere Länder exportieren. Dies schafft Arbeitsplätze in den Herstellerländern und in jenen Ländern, die sich an der Lieferkette beteiligen.
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Studien in den USA und Europa weisen auf ein bedeutendes Marktpotenzial von SMRs hin, die ihre Wirtschaftlichkeit im kommerziellen Betrieb aber erst noch zeigen müssen. Beides gilt auch für Mikroreaktoren.

Kanada will zahlreiche SMRs einsetzen und hat 2018 im Rahmen der SMR-Roadmap einen Bericht zu ökonomischen und finanziellen Aspekten bei SMRs publiziert. Zudem gibt es aus 2021 einen Bericht zu den wirtschaftlichen Vorteilen und Auswirkungen des Baus eines 300-MW-SMR in der Provinz Ontario. Ebenfalls aus 2021 ist die Machbarkeitsstudie zum Einsatz von SMR in Kanada. Ökonomische Aspekte beleuchtet auch die Nuclear Energy Agency (NEA) in einem Bericht aus 2021 und im SMR-Dashboard (Volume I) aus 2023.

Verschiedene Ansätze tragen zur Wirtschaftlichkeit bei
Es gibt mehrere Ansätze, damit SMRs wirtschaftlich sein können. Im Vergleich zu konventionellen Kernkraftwerken haben SMRs wegen ihren inhärenten Sicherheitsmerkmalen eine vereinfachte Auslegung und somit das Potenzial kostengünstiger gebaut und betrieben zu werden. Verschiedenste Stakeholder arbeiten an niedrigeren Einstiegshürden für eine breite Markteinführung: unter anderem werden effiziente Zulassungsverfahren vorbereitet, Lieferketten aufgebaut und die Brennstoffversorgung sichergestellt.

Die Ersten ihrer Art (first of a kind, FOAK) sind im Technologiebereich immer teurer, so auch bei SMRs. Ist die Lernkurve durchschritten und kommen Lern- und Masseneffekte zum Tragen, dürften SMRs konkurrenzfähig sein. Die Module von SMRs sollen fabrikbasiert in Serie produziert werden, mit Kostenvorteilen ab einer gewissen Anzahl produzierter Module. Durch die Fabrikproduktion können zudem kürzere und besser planbarere Bauzeiten erreicht werden. Durch Optimieren der Prozesse mit dem hinzugewonnenen Wissen lassen sich mit jedem Bauprojekt die Kosten des N-ten Exemplars einer Reihe (Nth of a kind, NOAK) weiter senken. Wichtig ist, dass genügend qualifiziertes Fachpersonal zur Verfügung steht

Mehr zum Potenzial und zur Wirtschaftlichkeit von SMRs: YouTube-Video von Rolls-Royce aus 2022,
Whitepaper von Tractebel von Ende 2020 und grosses SMR-Interview mit NEA aus 2023
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Werden SMRs an bestehenden Kraftwerksstandorten gebaut, z.B. zum Ersatz eines stillgelegten Kohlekraftwerks, so lassen sich gemäss einer Studie in den USA Teile der Infrastruktur und Arbeitskräfte weiter nutzen, was zur Senkung der Kosten und zu einer Verkürzung der Bauzeit beitragen kann. Solche Kosteneinsparungen könnten auch zum Tragen kommen, wenn ein zusätzlicher SMR bei einem bestehenden Kernkraftwerk gebaut werden soll. Im Bild der SMR Carem-25, der in Argentinien direkt neben dem bestehenden Kernkraftwerk Atucha gebaut wird.

Ein kleineres Bauprojekt wie bei einem SMR ist einfacher zu organisieren als ein Mega-Bauprojekt. Vorteilhaft bei der Sicherung der Finanzierung ist es zudem, dass der Kapitalbedarf für einen SMR viel kleiner ist als für ein konventionelles Kernkraftwerk. Damit möglichst viele NOAK innert kurzer Zeit gebaut werden können, braucht es zudem eine Harmonisierung bei der SMR-Zulassung: Eine Standardauslegung eines bestimmten SMR soll nicht in jedem Land das gesamte Bewilligungsverfahren neu durchlaufen müssen, sondern Prüfungsergebnisse sollen gegenseitig anerkannt werden. Daran arbeiten die internationale Energie-Organisation (IAEO) und die Zulassungsbehörden einzelner Länder, die sich gegenseitig unterstützen.
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Die 50-MWe-Variante des NuScale Power Modules hat 2020 in den USA die Auslegungszertifizierung erhalten und wurde 2023 endgültig für einen Einsatz im Land zugelassen. Die Zertifizierung der 77-MW-Modulvariante läuft.

Verschiedene aussichtsreiche SMR-Auslegungen wie der BWRX-300 von GE Hitachi Nuclear Energy (GEH) werden in den USA, Kanada und Grossbritannien einer Vorlizenzierungsprüfung unterzogen. Der BWRX-300 von GE Hitachi Nuclear Energy (GEH) hat in Kanada erfolgreich die ersten zwei kombinierten Phasen der Vorlizenzierung bestanden. In Grossbritannien hat der Rolls-Royce-SMR im April 2023 erfolgreich die erste von drei Stufen der Vorlizenzierung abgeschlossen.

Das Zertifizierungsverfahren dauert in westlichen Ländern mehrere Jahre. Dabei sind SMRs im Vorteil, die wie der Reaktor von NuScale auf erprobten Technologien basieren, da die Behörden auf langjähriger Erfahrung aufbauen können. Die Zulassungsbehörden in mehreren Ländern bereiten sich auf die Prüfung von SMRs vor und arbeiten zusammen. Auch die Nuclear Harmonization and Standardization Initiative (NHSI) der IAEO fördert die Harmonisierung der Regulierungsaktivitäten von Aufsichtsbehörden und eine Standarisierung von industriellen Ansätzen bei SMRs.
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Die USA, Kanada, Grossbritannien und Frankreich fördern die Entwicklung von SMRs als «Clean Technology».

Das Energieministerium der USA unterstützt die Entwicklung heimischer SMRs mit zahlreichen Programmen. Dazu gehören das Advanced Reactor Demonstration Program (ARDP) und Gateway for Accelerated Innovation in Nuclear (GAIN). Das amerikanische Aussenministerium finanziert zudem das Programm Foundational Infrastructure for responsible Use of Small Modular Reactor Technology (FIRST). FIRST hilft Partnerländern klimafreundliche Energieziele mit SMRs aus den USA zu erreichen und schafft Exportchancen für die heimische Industrie – vor allem für die beiden Hersteller NuScale und GE Hitachi Nuclear Energy. Im Bild die Eröfnung des virtuellen Kontrollraums «NuScale Energy Exploration Center (E2-Center)» in Rumänien an der Polytechnischen Universität Bukarest im Mai 2023.

In Kanada gibt es nicht nur eine SMR-Roadmap (siehe weiter unten), sondern läuft auch das Enabling Small Modular Reactors Program mit dem Ziel, SMRs zu fördern, um den Klimawandel zu bekämpfen und nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen.
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In Kanada sollen SMRs eine entscheidende Rolle bei der Reduktion der Klimagase spielen und Arbeitsplätze sichern. Diese Überzeugung der Regierung basiert auf einer sorgfältig erarbeiteten und breit abgestützten Roadmap.

Das Erstellen des Berichts «A Call to Action: A Canadian Roadmap for Small Modular Reactors» brachte in einem zehnmonatigen Prozess alle interessierten und betroffenen Gruppen des Landes zu einer Diskussion über das Potenzial der SMRs in Kanada zusammen. Die Dialogpartner reichten dabei von Experten bis hin zur indigenen Bevölkerung in den nördlichen Territorien. Daraus wurden konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen abgeleitet. Über die seit der Veröffentlichung des Berichts erzielten Fortschritte informiert die Website «SMR Action Plan».

Auch auf Provinzebene wurden Fortschritte erzielt: Die Regierungen von Alberta, New Brunswick, Ontario und Saskatchewan haben sich am 28. März 2022 auf einen gemeinsamen Strategieplan geeinigt, um den Einsatz von SMRs in Kanada voranzubringen. Im Strategieplan werden konkrete Reaktorprojekte benannt, wie jenes für den BWRX-300 in Darlington (siehe weiter unten) und den natriumgekühlten schnellen Reaktor ARC-100 von ARC Clean Technology für Point Lepreau.

Mehr zur SMR-Strategie Kanadas:
Bulletin 3/2021 des Nuklearforums
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Um auf dem internationalen Markt eine Chance zu haben und die Netto-Null-Strategien in Europa unterstützen zu können, braucht es auch hier entsprechende Programme. Erste kleinere sind angelaufen. Die britische Regierung will mit ihrer «Net Zero Strategy» den Klimawandel bekämpfen und Arbeitsplätze schaffen. Um die Kernenergie inklusive SMRs in Grossbritannien zu fördern, nahm im Juli 2023 die Behörde Great British Nuclear (GBN) ihre Arbeit auf und startete einen Auswahlprozess für SMRs, die unterstützt werden sollen. Im Rahmen des nationalen Investitionsplans France 2030 investiert die französische Regierung EUR 1 Mrd. in Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zur Weiterentwicklung heimischer SMRs und neuer Abfallverarbeitungstechnologien.

Auch die EU-Kommission fördert SMRs seit Juni 2021 im Rahmen der «European SMR-Partnership», einer  Förderinitiative, an der sich die Nuklearindustrie, Aufsichtsbehörden, Forschungsinstitutionen und Entscheidungsträger aus der Politik beteiligen. Ziel ist die Schaffung von Voraussetzungen, damit erste SMRs bis Anfang der 2030er-Jahre in Europa in Betrieb gehen können. Eine Unterstützung europäischer SMR-Hersteller soll es nationalen Regierungen und europäischen Institutionen erleichtern, Anteile auf dem SMR-Markt gegenüber aussereuropäischen Anbietern zu gewinnen und eine europäische SMR-Wertschöpfungskette zu entwickeln. Mit der EuroSMR-Initiative will die EU-Kommission zudem Forschung Innovation, Bildung und Ausbildung hinsichtlich Sicherheit europäischer SMRs unterstützen und hat dazu mit der Nuklearbranche 2023 eine Erklärung unterzeichnet (siehe Bild).

2022 und 2023 liefen Arbeiten zur «European SMR Pre-Partnership». Das Nuklearforum Schweiz wirkte in jener Arbeitsgruppe mit, die Möglichkeiten zur Finanzierung europäischer SMRs und zur Bildung öffentlich-privater Partnerschaften auf EU-Ebene untersuchte.Anfang November 2023 kündigte die EU-Kommission schliesslich offiziell die Gründung einer SMR-Industrieallianz für das Jahr 2024 an. Die EU-SMR-Industrieallianz wird sich darauf konzentrieren, den Einsatz dieser Reaktortypen zu beschleunigen und eine starke EU-Lieferkette, einschliesslich qualifizierter Arbeitskräfte, sicherzustellen.

Mehr Infos: European SMR-Partnership und European SMR Pre-Partnership sowie SMR-Industrieallianz
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Kleine, modulare Reaktorsysteme in Betrieb (Auswahl)

Seit Mai 2020 steht die «Akademik Lomonosow» in Betrieb und versorgt die ostsibirische Hafenstadt Pewek mit rund 200'000 Einwohnern zuverlässig mit klimafreundlichem Strom und Fernwärme. Das erste schwimmende Kernkraftwerk der Welt verfügt über zwei Einheiten des russischen Druckwasserreaktors KLT-40S mit je 38,5 MW elektrischer Leistung und einer Lebensdauer von 40 Jahren. Eine Brennstoffnachladung ist alle drei bis vier Jahren notwendig. Die Reaktortechnik stammt von älteren russischen nuklear angetriebenen Eisbrechern.

Über noch leistungsstärkere RITM-200-Zwillingsreaktoren mit einer elektrischen Leistung von 50 MW pro Reaktor verfügen die russischen Eisbrecher des Projekts 22220 von denen Arktika, Sibir und Ural in Betrieb und Jukutien und Tschukotka in Bau stehen. Zudem sollen vier schwimmende Kernkraftwerke des Arktis-Typs (Arctic Type Nuclear Floating Power Unit, NFPU) das Baimskoje-Bergbauprojekt im Osten Sibiriens stufenweise ab 2027 mit Strom versorgen. Jedes davon verfügt über zwei RITM-200M-Reaktoren mit einer elektrischen Leistung von je 50 MW. Mit dem Bau des ersten von vier Arktis-Kraftwerksschiffen wurde im August 2022 begonnen. Im Osten Russlands soll 2028 der Jakutsk-SMR, ein Kernkraftwerk an Land auf Basis des RITM-200N, in Betrieb genommen werden.

Leistung pro Modul (KLT-40S): 150 MWth / 38.5 MWe Leistung pro Modul (RITM-200M): 175 MWth / 50 MWe

Mehr Informationen: Website und Video
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Beim High Temperature Gas-cooled Reactor – Pebble Bed Module (HTR-PM) handelt es sich um eine chinesische Weiterentwicklung des deutschen Kugelhaufenreaktors bzw. des Versuchsreaktors HTR-10 der Tsinghua-Universität. Bei diesem mit Heliumgas gekühlten Reaktor werden sandkorngrosse Brennstoffkugeln mit Schutzüberzügen versehen und anschliessend in tennisballgrosse Graphitkugeln eingeschlossen. Bei Versagen der Kühlung ist eine Kernschmelze nicht möglich. Der störfalltolerante Brennstoff führt wegen seiner Robustheit aber auch zu einem höheren Aufwand beim Recycling.

Dieser innovative Reaktortyp der Generation IV steht in Shidao-Bay in der chinesischen Provinz Shandong als Demonstrationsanlage in Betrieb und verfügt über zwei Reaktormodule, die eine Dampfturbine antreiben. Die sehr hohen Temperaturen von um die 1000°C stellen hohe Ansprüche an die verwendeten Materialien.

Leistung pro Modul: 250 MWth / 100 MWe

Mehr Informationen: Interview, Artikel und Video

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Kleine, modulare Reaktorsysteme in fortgeschrittener Entwicklung oder in Bau (Auswahl)

Der chinesische ACP100 (Advanced Chinese Pressurized Water Reactor, auch Linglong One genannt) ist ein SMR mit einer elektrischen Leistung von 125 MW. Der Mehrzweck-Druckwasserreaktor ist sowohl für die Dampf-, Wärme- und Stromproduktion als auch für die Meerwasserentsalzung ausgelegt. Er wurde in Chinas 12. Fünfjahresplan als ein Schlüsselprojekt bezeichnet. Alle primären Systeme wie Druckhalter und Dampferzeuger sind im Reaktordruckbehälter integriert. Das passive Kühlsystem ist vom AP1000 von Westinghouse und dem fortgeschrittenen chinesischen Hualong One übernommen worden.

Die Reaktorauslegung des ACP100 ist 2016 von der IAEO erfolgreich geprüft worden. Im April 2021 wurde der vorläufige Bericht zur Sicherheitsanalyse für die Anlage mit einem Block von der chinesischen National Nuclear Security Administration (NNSA) bestätigt. Im Juli 2021 hat die China National Nuclear Corporation (CNNC) mit dem Bau des SMR am bestehenden Kernkraftwerksstandort Changjiang in der südchinesischen Inselprovinz Hainan begonnen. Die Bauzeit soll 55 bis 58 Monate betragen. Nach seiner Fertigstellung wird der der SMR jährlich 1 Mrd. kWh Strom produzieren, was dem Bedarf von 526’000 Haushalten entspricht. Es gibt auch Pläne für eine schwimmende Version des Reaktors und weitere Leistungsvarianten

Leistung pro Modul: 385 MWth / 125 MWe

Mehr Informationen: Website, Präsentation und Video
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Der Carem-25 (Central Argentina de Elementos Modulares) geht auf eine aufgegebene Entwicklung eines U-Boot-Antriebssystems zurück. Er ist ein inhärent sicheres Druckwassersystem einheimischer Auslegung mit rund 27 MW elektrischer Blockleistung. Mindestens 70% der Komponenten stammen aus inländischer Produktion. Dieses Projekt der Comisión Nacional de Energía Atómica (CNEA) ermöglicht es Argentinien, die Aktivitäten im Bereich der Auslegung und des Baus von Kernkraftwerken aufrechtzuerhalten und mittelfristig die Verfügbarkeit moderner Technologien zu gewährleisten.

Besonderes Kennzeichen des Carem-Konzepts ist die integrale Auslegung des Primärkreises, in dem Druckhalter, Dampferzeuger sowie Steuerstabantriebe im Reaktordruckbehälter integriert sind. Er kommt ohne Pumpen aus, der Kern wird über einen Naturumlauf gekühlt.

Der Prototyp Carem-25 steht derzeit neben dem Kernkraftwerk Atucha in Bau, welches rund 100 km nordwestlich von Buenos Aires liegt. Entwicklungsziel sind leistungsstärkere Versionen bis 120 MWe.

Leistung pro Modul: 100 MWth / 27 MWe

Mehr Informationen: Website und Video
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Das Power Module ist von der amerikanischen Firma NuScale Power Corporation an der Oregon State University entwickelt worden. Der kleine, strassentransportierbare Reaktor basiert auf der bewährten Druckwasserreaktor-Technologie. Der Dampferzeuger befindet sich innerhalb des Reaktordruckbehälters. Vier, sechs und zwölf solcher Module lassen sich zu einem VOYGR-SMR-Kraftwerk mit insgesamt maximal 924 MWe kombinieren. Ein Reaktormodul befindet sich jeweils in einem eigenen Containment. Mehrere Containments werden unterirdisch in einem mit Wasser gefluteten Sicherheitsgebäude untergebracht.

In den USA wurde die Auslegungszertifizierung (Design Certification Application, DCA) für die 50-MWe-Variante des Power Modules im Juni 2022 für einen Einsatz im Inland erteilt. Das Standard Design Approval (SDA) für die leistungsstärkere 77-MWe-Variante läuft seit März 2023. Im Frühjahr 2023 hat das südkoreanische Schwerindustrieunternehmen Doosan Enerbility mit dem Schmiedeprozess für die ersten Module begonnen.

Ein geplantes VOYGR-6-Kraftwerk mit sechs 77-MW-Modulen im Rahmen des Carbon Free Power Project (CFPP) in Idaho Falls (USA) strebte an, 2029 betriebsbereit zu sein. Es musste beendigt werden, da nicht genügend Versorgungsunternehmen als Stromabnehmer gefunden wurden. Während den Projektarbeiten konnten wertvolle Erfahrungen gesammelt und die Entwicklung des Kraftwerks vorangetrieben werden, was auch den weiteren Projekten zugutekommen wird.

Auch dank der Unterstützung durch das amerikanische State Department gibt es zahlreiche Interessenten ausserhalb der USA: Bulgarien, Indonesien, Jordanien, Kanada, Kasachstan, Polen, Rumänien, Südkorea, Tschechien und die Ukraine.

Leistung pro Modul: 250 MWth / 77 MWe

Mehr Informationen: Website und Video
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Der von GE Hitachi Nuclear Energy (GEH) entwickelte SMR BWRX-300 basiert auf dem grossen ESBWR-Reaktor des Unternehmens, der in den USA zertifiziert aber nie gebaut wurde. Der stark vereinfachte BWRX-300 verwendet zahlreiche bewährte Komponenten, eine etablierte Lieferkette und eine erprobte Brennstoffauslegung. Er verfügt über eine natürliche Zirkulation mit passiven Sicherheitssystemen. So kann im Notfall die Abfuhr der Nachzerfallswärme während mindestens sieben Tagen nur durch die installierten Systeme erfolgen, ohne dass eine Stromversorgung oder ein Bedienereingriff erforderlich sind.

In Kanada hat der BWRX-300 die ersten beiden kombinierten Phasen der Vorprüfung erfolgreich abgeschlossen. In Grossbritannien ist er zur Vorprüfung (Generic Design Assessment, GDA) angemeldet. Bei der Zertifizierung der Auslegung werden die Nuklearaufsichtsbehörden Kanadas, der USA, Grossbritanniens und Polens zusammenarbeiten.

Als weltweit erster kommerzieller SMR soll der BWRX-300 in der kanadischen Provinz Ontario am Kernkraftwerksstandort Darlington gebaut werden. Im Oktober 2022 wurden die Baugenehmigung beantragt und Erdarbeiten zur Standortvorbereitung begonnen. Der Bau soll bis Ende 2028 abgeschlossen sein. Im Juli 2023 wurden Pläne zum Bau drei weiterer BWRX-300 in Darlington bekanntgegeben. Auch die kanadischen Provinzen Saskatchewan, New Brunswick und Alberta, die USA (Clinch River Projekt), ein Unternehmen aus Schweden sowie Grossbritannien und Polen zeigen Interesse. Im Februar 2023 liess das staatlich-polnische Unternehmen PKN Orlen verlauten, dass es mehrere Dutzend BWRX-300 bauen wolle und diese bis 2038 betriebsbereit sein sollen. Erste Standorte wurden im April 2023 bekanntgegeben. Der estnische Energieversorger Fermi Energia AS hat zudem den BWRX-300 für einen möglichen Einsatz Anfang der 2030er-Jahre ausgewählt.

Leistung pro Modul: ~900 MWth / 300 MWe

Mehr Informationen: Website und Video
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Anfang Mai 2023 hat Westinghouse den ultrakompakten Druckwasser-SMR AP300 vorgestellt, der relativ kostengünstig gebaut werden kann. Er basiert auf der fortgeschrittenen Technologie der grossen und leistungsstärkeren Reaktoren AP1000 des Unternehmens, die bereits zertifiziert ist und im Einsatz steht. Der SMR ist ebenfalls auf 80 Betriebsjahre ausgelegt. Gemäss Westinghouse werden beim AP300 Systeme und Lieferketten des AP1000 wiederverwendet. Dies kommt einem zeitnahen Einsatz zugute und verkürzt die Bauzeit auf etwa drei Jahre. Durch seine schnelle Lastfolgefähigkeit ist er ideal für die Integration mit erneuerbaren Energien geeignet. Zudem kann er für die Wasserstoffproduktion eingesetzt werden.

In den USA hat Westinghouse bereits einen Plan zu Vorlizenzierungsaktivitäten eingereicht. Das Unternehmen hofft, den SMR bis 2027 zertifiziert zu haben. Westinghouse hat ebenfalls schon Gespräche mit Vertretern in Ohio und West Virginia über den Bau von AP300-SMRs an den Standorten stillgelegter Kohlekraftwerke geführt. Mit dem staatlich-slowakischen Nuklearunternehmen Javys a.s wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, um einen möglichen Einsatz in der Slowakei auszuloten.

Leistung pro Modul: 900 MWth / 300 MWe

Mehr Informationen: Website und Video
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Der SMR-160 von Holtec International ist ein Druckwasser-SMR mit einer elektrischen Leistung von 160 MW, der unterirdisch gebauten werden kann. Der verwendete Kernbrennstoff ist jenem von grossen Leistungsreaktoren sehr ähnlich. Der SMR ist inhärent sicher ausgelegt und verfügt über widerstandsfähige, vollständig passive Sicherheitssysteme und einen Primärkreislauf mit Naturumlauf. Der Primärkühlkreis wird somit einzig von der Schwerkraft angetrieben und benötigt weder Pumpen noch Ventile und auch keine externe Energiezufuhr für die Nachkühlung. In Trockengebieten lässt sich der SMR auch mit Luftkühlung betreiben.

Nebst Stromproduktion ist die Erzeugung von Prozesswärme für industrielle Anwendungen, die Fernwärmeversorgung und die Wasserstoffproduktion möglich. Der SMR kann auch einen Flüssigsalzwärmespeicher mit integriertem Dampferzeuger (Green Boiler Technologie) von Holtec mit Energie versorgen. Mit dem Speicher können Prozessdampf abgegeben und Strom produziert werden, wenn man diese gerade benötigt werden.

In Grossbritannien ist der SMR zur Vorprüfung im Rahmen des Generic Design Assessment (GDA) angemeldet. Mit dem Bau des ersten SMR-160 in Grossbritannien will Holtec bereits 2028 beginnen und beabsichtigt bis 2050 eine Serienproduktion von 32 SMR mit einer elektrischen Leistung von insgesamt 5,1 GW. Sie sollen Strom und Wärme produzieren. Das Unternehmen hat drei bestehende Kernkraftwerksstandorte als potenzielle Standorte für die ersten SMR-160 in Grossbritannien identifiziert. In Kanada hat die SMR-160-Auslegung die erste Phase der dreistufigen Vorlizenzierungsprüfung abgeschlossen. Auch in den USA laufen Vorlizenzierungsaktivitäten. Holtec strebt dort für 2025 den Erhalt einer Baugenehmigung an und prüft Oyster Creek im Bundesstaat New Jersey als SMR-Standort. Der SMR-160 soll in einer neuen Giga-Factory und am bestehenden Firmenstandort Camden gefertigt werden.

Leistung pro Modul: ~500 MWth / 160 MWe

Mehr Informationen: zum SMR-160 und zur Green Boiler Technologie
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Der SMR von Rolls-Royce SMR besitzt eine elektrische Leistung von 470 MW, was 150 Onshore-Windkraftanlagen entspricht. Mit einem Durchmesser des Reaktordruckbehälters von maximal 4,2 Metern kann er auf normalen Strassen transportiert werden. Der SMR soll mindestens 60 Jahre lang im Grundlastbetrieb laufen und eine Million Haushalte mit Strom versorgen. Wärme und Strom können auch zum Betrieb von Elektrolyseuren zur Herstellung von kohlenstoffarmem, rotem Wasserstoff genutzt werden.

Der Rolls-Royce-SMR besteht aus rund 1500 transportablen Standardmodulen und soll zu 90% unter Fabrikbedingungen gebaut werden. Im November 2022 wurden drei potenzielle Standorte in Grossbritannien für die erste SMR-Fabrik bekanntgegeben. Am besten Standort sollen die grössten und komplexesten Komponenten wie der schwere Reaktordruckbehälter hergestellt werden. 2022 konnten auch vier bevorzugte Standorte in England und Nordwales identifiziert werden, an denen sich SMR mit einer Gesamtkapazität von bis zu 1500 MW errichten liessen. Die ersten Einheiten sollen bis Anfang der 2030er-Jahre in Betrieb genommen werden.

Rolls-Royce SMR beteiligt sich an einem Wettbewerb der britischen Regierung, welche die Kernenergie ausbauen und SMR fördern will. Im April 2023 gab das Unternehmen bekannt, dass es in Grossbritannien die erste von drei Stufen der Vorlizenzierung (Generic Design Assessment, GDA) erfolgreich abgeschlossen hat und nun die zweite Stufe läuft. Der SMR soll international vermarktet werden und man ist unter anderem in Finnland, den Niederlanden, Polen und Tschechien mit Interessenten im Gespräch.

Leistung pro Modul (Rolls-Royce-SMR): 1358 MWth / 470 MWe

Mehr Informationen: Website und Video
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Der Nuward-SMR wird in Frankreich unter der Leitung von Electricité de France (EDF) vom Nuward-Konsortium entwickelt. Zu diesem gehören u.a.: Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives (CEA), Naval Group, TechnicAtome und Framatome. Es wird durch das belgische Ingenieurunternehmen Tractebel unterstützt. Ein Nuward-Kraftwerk wird eine elektrische Leistung von 340 MW besitzen und aus zwei 170-MW-Druckwasser-SMR mit einer Lebensdauer von 60 Jahren bestehen. Die Reaktoren sollen in industrieller Serienfertigung hergestellt werden. Gegenwärtig läuft mit Unterstützung des belgischen Ingenieursunternehmens Tractebel die Projektphase der Grundauslegung (Basic Design Phase). Der Bau des ersten Nuward-SMR-Kraftwerks ist für 2030 vorgesehen und soll drei Jahre dauern; ein Standort steht noch nicht fest.

Die Vorlizenzierung in Frankreich wurde im Juli 2023 mit der Einreichung des Dossier d’options de sûreté (DOS) bei der Nuklearaufsichtsbehörde Autorité de sûreté nucléaire (ASN) gestartet. Darin werden die Sicherheitsziele, die grundlegenden Auslegungsmerkmale, die wesentlichen Funktionsprinzipien und das Risikomanagement des Nuward-SMR dargelegt. Die französische Gesetzgebung sieht die Bewertung der Sicherheitsoptionen als ersten Schritt im Genehmigungsverfahren für die Errichtung von Kernanlagen vor.

Im Juni 2022 wurde angekündigt, dass – unter der Leitung von ASN – mehrere europäische Nuklearsicherheitsbehörden zusammenarbeiten werden, um eine gemeinsame Vorprüfung der Auslegung des Nuward-SMR durchzuführen, u.a. die tschechische (SÚJB) und die finnische (Stuk). Diese europäische Zusammenarbeit im Bereich der Regulierung soll die internationale Zulassung von Nuward beschleunigen. Interesse am SMR hat z.B. Polen. Die Technologie soll alte Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke mit hohem Kohlenstoffdioxid-Ausstoss in der ganzen Welt ersetzen und für andere Anwendungen wie die Wasserstofferzeugung, Fernwärmeproduktion oder die Meerwasserentsalzung eingesetzt werden.

Leistung pro Modul: 540 MWth / 170 MWe

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Auch verschiedenste Mikroreaktoren erzielen Fortschritte.

Aurora Powerhouse von Oklo
Das Aurora Powerhouse verfügt über eine elektrische Leistung von 15 MW und eine thermische Leistung von über 25 MW. Die Energie liefert ein schneller, mit Flüssigmetall gekühlter und High-assay low-enriched uranium (HALEU) betriebener Reaktor. Der Brennstoff erlaubt längere Betriebszyklen und höheren Abbrand, was bedeutet, dass weniger Brennstoff benötigt und weniger Abfall produziert wird. Oklo will den Brennstoff für seinen und weitere fortgeschrittene Reaktoren in einer eigenen Anlage aus ausgedienten Brennelementen aktueller Leichtwasserreaktoren herstellen.

Anfang 2022 wurde in den USA ein Antrag von Oklo auf eine kombinierte Bau- und Betriebsbewilligung (Combined Construction and Operating Licence, COL) für Aurora wegen fehlender Informationen abgelehnt. Nun macht das Unternehmen einen neuen Anlauf. Im Mai 2023 gab Oklo die Unterzeichnung einer Vereinbarung mit der Southern Ohio Diversification Initiative (Sodi) über die Errichtung von zwei kommerziellen Aurora-Mikroreaktoren im Süden Ohios bekannt.

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Micro Modular Reactor (MMR) von Ultra Safe Nuclear Corporation (USNC)
Der MMR ist ein gasgekühlter Hochtemperaturreaktor mit. Er verwendet Brennstoff mit einem Uran-235-Gehalt zwischen 9,9% und 19,75%, wodurch verschiedene Leistungsstufen des MMR von 10 MWt (3,3 MWe) bis 45 MWt (15 MWe) möglich sind. USNC wird den störfalltoleranten Brennstoff für den MMR in Oak Ridge im Bundesstaat Tennessee selbst herstellen. Eine Versuchsanlage zur Fertigung von Tristructural-Isotropic (Triso)-Brennstoff und Fully Ceramic Micro-encapsulated (FCM)-Brennstoff wurde dort im August 2022 eröffnet.

Global First Power (GFP) – ein Joint Venture der kanadischen Energieversorgers Ontario Power Generation (OPG) mit dem Reaktorentwickler USNC – wird sein MMR-Demonstrationsprojekt bei der Nuklearforschungseinrichtung Chalk River Laboratories (CRL) im Bundestaat Ontario realisieren. Der Bau soll 2025 beginnen und die Inbetriebnahme wird für 2027 angestrebt. Bereits im Mai 2021 war das Bewilligungsverfahren für die Standortvorbereitung bei der Canadian Nuclear Safety Commission (CNSC) lanciert worden und gegenwärtig läuft eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP).

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eVinci-Mikroreaktor von WestinghouseDer eVinci von Westinghouse (siehe Hintergundbild) ist ein leicht zu transportierender, wartungsarmer Mikroreaktor im Entwicklungsstadium, der zur kohlenstoffarmen Erzeugung von Strom und Wärme eingesetzt werden kann. Er verfügt über eine elektrische Leistung von 5 MW und thermische Leistung von bis zu 13 MW. Anwendungsgebiete sind beispielsweise die Strom- und Wärmeversorgung von abgelegenen Gemeinden, Bergbaubetrieben, Industriezentren und Rechenzentren sowie die Wasserstofferzeugung.
Der Reaktorkern nutzt störfalltoleranten Triso-Brennstoff und kann über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren ohne Brennstoffnachladung betrieben werden. Die vollständig passive Wärmeabfuhr aus dem Kern mit Heatpipes erlaubt gemäss Westinghouse einen autonomen Betrieb und inhärente Lastverfolgungsfunktionen. Ende Juni 2023 hat in Kanada die Vorprüfung der eVinci-Auslegung im Rahmen des Pre-Licensing Vendor Design Reviews (VDR) begonnen.

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Fazit und weiterführende Informationen

In Zukunft wird der Stromverbrauch weltweit weiter steigen – umso mehr sind wir alle und die Industrie auf eine stabile Stromversorgung angewiesen. Zum Schutz des Klimas muss Strom mit allen zur Verfügung stehenden klimafreundlichen Technologien produziert werden. Dazu gehören nicht nur die Wasserkraft und die neuen erneuerbaren Energien wie Photovoltaik und Windkraft, sondern auch die Kernenergie mit ihren kleinen, modularen Reaktoren (SMRs). Strom aus Kernenergie kann jederzeit produziert werden und somit als kohlenstoffarme Energiequelle die unregelmässig produzierende Photovoltaik und Windkraft unterstützen.

Die sicheren und flexiblen SMRs lassen sich für eine Vielzahl von Anwendungen einsetzen und stehen kurz vor ihrer Markteinführung. Wir sind auf die weiteren Entwicklungen gespannt und blicken auch den fortgeschrittenen Reaktorsystemen der vierten Generation entgegen, zu denen wir bald ein Multimedia-Faktenblatt veröffentlichen.

(Stand: Ende Juli 2023)
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